Zur Geschichte des Tangermünder Ruderclubs von 1906 e.V.
Vor 100 Jahren gründeten vier rudersportbegeisterte Männer den Tangermünder Ruderclub, kurz TRC, genannt. Es waren die Herren Mathies, Kunst, Beyer und Lindacher, die den Club zunächst in einem Schuppen der damaligen Schiffswerft Bettin ansiedelten. Bald erwies sich diese Unterkunft als zu klein und so fasste man 1910 den Gedanken, ein eigenes Bootshaus zu schaffen. Schon zwei Jahre später konnte der Ruderclub unter reger Teilnahme der Tangermünder Bevölkerung die Einweihung seines neuen Domizils am Hafen feiern. Anlässlich der Einweihung des Vereinsheims stiftete der Industrielle Dr. Friedrich Meyer den ersten Vierer, der zu Ehren des Clubgründers „Mathies“ getauft wurde. Weitere Ruderboote erhielt der Verein im Laufe der Jahre geschenkt. Wieder waren es die Tangermünder Zuckerraffinerie Fr. Meyers Sohn und die Marmeladenfabrik James Keiller, die als Sponsoren auftraten .Nach dem 1. Weltkrieg hatte sich der Ruderclub weiter ausgedehnt, sodass sich die Räumlichkeiten des Bootshauses als zu kein erwiesen und eine Erweiterung notwendig war. 1921 konnte das nun um die Hälfte vergrößerte Bootshaus in Benutzung genommen werden.
Dr. Hans Walter leitete den TRC in den Jahren von 1907 bis 1923. Ein bedeutendes sportliches Ereignis in der Elbstadt war die Austragung der ersten Ruderregatta im Juli 1921. Es beteiligten sich neben dem erfolgreichen TRC die Rudervereine von Burg, Genthin und Wittenberge.
Im Jahr 1924 wurde damit begonnen, Schüler im Rudern auszubilden, 1929 erfolgte die Angliederung einer Frauenabteilung. Zu dieser Zeit zählte der Club bis zu 250 Mitglieder. Eine sprunghafte Entwicklung des Rudersports setzte ab 1930 ein. In Tangermünde entwickelte sich eine Ruder-Elite, die nicht nur große Erfolge auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene errang.
Am Olympiasieg 1932 in Los Angeles war der Tangermünder Walter Meyer beteiligt. Er gehörte zur siegreichen Vierermannschaft des Berliner Ruderclubs, die die Goldmedaille für Deutschland errang. Der Tangermünder Ruderclub war auch in der Folgezeit mit seinen bekannten Skullern Hans Deutsch und Paul Seedorf auf jeder größeren Regatta Mitteldeutschlands vertreten. Die beiden Tangermünder Rudersportler schrieben Vereinsgeschichte.
Da man auch in den Wintermonaten auf das Training nicht verzichten wollte, wurde 1937 das Bootshaus erneut erweitert, um Platz für eine Ruderbeckenanlage zu schaffen, in der eine Vierermannschaft unter normalen Bootsverhältnissen trainieren konnte.
Infolge des 2. Weltkrieges ging die Entwicklung im Tangermünder Rudersport zurück. 1947 erlebte der TRC eine Katastrophe, von der er sich nur schwer erholte. In jenem Jahr stand das Bootshaus, eines der schönsten Deutschlands, in Flammen. Mit ihm wurden auch fast alle Boote eingeäschert. Mit dem großen materiellen Verlust kam die Ausübung des Rudersports völlig zum Erliegen. Es dauerte 5 Jahre, bis die ersten zaghaften Versuche unternommen wurden, einen Neuanfang zu wagen. 1952 fanden sich einige Tangermünder zusammen, um den Rudersport wieder zu beleben. Es gab noch stark beschädigte Reste des einstigen Bootsmaterials: einen Einer, einen Zweier und einen Vierer. Sie wurden von der Sektion übernommen, repariert und bildeten die Grundlage für die Wiederaufnahme des Trainings der Ruderer, die zunächst ihre Unterkunft in einem alten Kohlenschuppen im Hafen fanden. Schon bald machten sich die Sportfreunde an die Arbeit, die alte Bootshausruine abzutragen. In vielen Aufbaustunden wurde zunächst der Keller als Bootsraum hergerichtet. mit dem Einzug in die Räume ging es vorwärts. Es konnten zwei Leihboote aus Brandenburg und Magdeburg beschafft werden. Die Tangermünder nahmen wieder an der Regatta teil und konnten in Schönebeck im Riemenvierer einen beachtlichen zweiten Platz belegen. Schon 1958 errangen die Elbestädter im Vierer auf der gleichen Regatta den ersten Platz.
1959 konnte das Wintertraining wieder aufgenommen werden. In den sechziger Jahren ging man nach weiteren Verbesserungen bald in den planmäßigen Trainingsbetrieb über. Ein besonderer Verdienst um die Entwicklung der Sektion Rudern, vor allem im Bereich des Kinder- und Jugendsports, erwarb sich Sportfreund Dieter Funk, der bis zum Ende der achtziger Jahre den Nachwuchs trainierte. Von 1957 bis 1971 war er als Sektionsleiter tätig und wurde auch zum Leiter des neu gebildeten Trainingszentrums des Sportclubs Magdeburg berufen, um sich noch intensiver den Aufgaben widmen zu können. Weitere Übungsleiter folgten. Der TRC konnte so manchen leistungsstarken Ruderer aufweisen, die im Magdeburger Leistungszentrum trainiert wurden. Diese Rudersportler konnten mehrere DDR-Meistertitel und Spartakiadesiege erringen. Besonders hervorzuheben ist der Sieg der DDR-Nationalmannschaft bei der Juniorenweltmeisterschaften 1988 in Mailand. Der Tangermünder Ulrich Rebling saß mit im siegreichen Achter. Durch ortsansässige Betriebe und der damaligen Rat der Stadt wurden die erfolgreichen Ruderer in hohem Maße gefördert. Man stellte u. a. Boote und Bootsanhänger zur Verfügung und erneuerte die Steganlagen.
Mit der politischen Wende 1989 kamen auch auf die Sektion Rudern Veränderungen zu. Die Mitglieder gründeten 1990 einen neuen Verein mit altem Namen: Tangermünder Ruderclub von 1906 e.V.. Sie wollten damit an die Tradition des Tangermünder Rudersports anknüpfen. Zum Vereinsvorsitzenden wurde Jürgen Rethfeldt gewählt, der die Ruder-Sektion schon seit 1971 leitete und dem TRC bis 2006 vorstand. Zunächst schrumpfte die Mitgliederzahl des Vereins auf 50 Personen und das Training kam kurzzeitig zum Erliegen. Doch schon bald konnte es in der gewohnten Form wieder aufgenommen werden. Tangermünder Firmen unterstützten die Ruderer mit dem Bau eines neuen Bootsanhängers mit dem die Teilnahme an Regatten in ganz Deutschland möglich war. Gefördert wurde der Tangermünder Ruderclub auch von der Julienstiftung in Hamburg. Landesmeister- und Vizelandesmeistertitel und weitere Erfolge auf großen Regatten konnten in den letzten Jahren verbucht werden. 1996 wurde z. B. Hagen Scheidt Landesmeister im Rudern.
Am 05. August 2005 hatte der Tangermünder Ruderclub von 1906 e.V allen Grund zum Feiern. Er weihte ein neues Bootahaus ein, das mit finanziellen Mitteln der Stadt Tangermünde des Landes Sachsen-Anhalt und der Europäischen Union errichtet wurde. Der Bau mit seinen Klinkersegmenten, runden Bullaugenfenstern und harmonischer Farbgestaltung ist nicht nur äußerlich ein Schmuckstück. Im Inneren beherbergt der gelungene Zweckbau Bootslagerräume, Trainingsräume, sanitäre Einrichtungen und Aufenthaltsräume. mit diesem neuen Zentrum des Rudersports wurden optimale Bedingungen für den Verein geschaffen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Kinder- und Jugendsport weiterhin besonders zu fördern. neben der sportlichen Betätigung sollen die jungen Ruderer im Bootshaus eine Stätte für sinnvolle Freizeitgestaltung im Rahmen von Wanderfahrten, organisierten Ferienveranstaltungen und geselligem Beisammensein finden. Aber auch den Erwachsenen aus Tangermünde und Umgebung steht das neue Bootshaus offen.
„Jeder, der den Rudersport betreiben möchte, hat dazu Gelegenheit.“
Mit dem neuen Ruderclub-Vorsitzenden Karsten Eggert seit 2006, werden jährlich im August der Hafensprint austragen. Die Regatta ist der Höhepunkt im Vereinsleben des Ruderclubs.